kurz & knapp

aus folker #01-2025

12. März 2025

Lesezeit: 40 Minute(n)

Al Andaluz Project, The Songs Of Iman Kandoussi (Galileo MC)

Die drei Sängerinnen Iman Kandoussi, Sigrid Hausen und Mara Aranda musizieren beim Al Andaluz Project sowie in ihren Gruppen Estampie und Aman Aman. Mit dem Ziel, die Musik der jüdisch-sephardischen, christlichen und araboandalusischen Kulturen aufleben zu lassen, entstanden bisher vier Studio- und ein Livealbum. Bei diesem hieraus extrahierten Porträtalbum steht nun die marokkanische Sängerin im Zentrum.

Christoph Schumacher

Heiko Ahrend, Die Mauern der Zeit (Starfish Music)

„Wenn du einmal in Ostfriesland bist“, dieser Titel bestimmt das Album von Heiko Ahrend, einem Bluegrassmusiker und Gitarrenlehrer aus Leer. Ein bisschen Seefahrt, ein kleiner Roadsong, erlebte, gelebte, erträumte und ironische Lieben, ein Schuss Romantik, eine Referenz an Tony Rice – es ist ein einfühlsames Album geworden, voller schöner Melodien und einer großen Portion Heimatliebe.

Rainer Katlewski

Adar Alfandari, Amateur Architekt (Waldinsel)

Mit dem riesigen rosa Vintage-Anzug scheint sich der junge, aus Israel stammende Singer/Songwriter auch ein optisches Markenzeichen geschaffen zu haben. Dazu zeichnen ihn virtuoses Können auf diversen Gitarren und eine Stimme aus, die auch in höheren Tonlagen sicher ist. Ansonsten ist er durch seine Vielfalt schwer einem bestimmten Genre zuzuordnen, er (und seine Band) gehen mit viel Spaß und Energie an Chansons, Balladen, Psychedelisches und wilden Rock. Das Gegenteil von langweilig.

Imke Staats

Saba Alizadeh, Temple Of Hope (30 M Records)

Der 1983 in Teheran geborene Kamantschespieler und Soundtüftler ist der Sohn des Tar- und Setarvirtuosen Hossein Alizadeh. Er hat sein Instrument unter anderem bei Kayhan Kalhor gelernt. Die zwölf Klangskulpturen dieses Albums sind keine leichte Kost und wollen es auch nicht sein. Verarbeitet hat der in den Niederlanden lebende Alizadeh unter anderem die Repression in seiner Heimat.

Ines Körver

Lennart Allkemper, Awakening (Jazzline)

Wenn der Musiker auf dem Cover mit seinem Saxofon posiert, dann ist klar, dass hier weniger Liedermacher als vielmehr Jazz und Blues im Mittelpunkt stehen. Allkemper präsentiert sein Debütalbum mit drei Mitmusikern, die furiose Instrumentalabfahrten am laufenden Band bieten. Für offene Ohren geeignet!

Wolfgang Weitzdörfer

Amid the old Wounds, Almost Lost (Slow Down Records)

Hinter Amid the old Wounds steckt Daniel Andreas Becker, der bereits seit 2000 Alben veröffentlicht. Almost Lost stellt einen Querschnitt dieser Veröffentlichungen dar, ist sozusagen ein Best-of, falls das bei so einem marginal veröffentlichten Künstler zutrifft. Dabei lohnt es, den sparsamen, teils gar kathartischen Songs von Becker zu lauschen, die von einer Dringlichkeit getragen sind, wie sie in der heutigen Musikwelt kaum noch vorkommt.

Michael Freerix

The Baltic Sisters, Värav – Vārti – Vartai (CPL-Music)

Das Baltikum ist eine hochspannende Region im Osten Europas. Wer sich einmal einen musikalischen Eindruck der traditionellen Folklore Litauens, Lettlands und Estlands verschaffen möchte, kann das mit den vier „Schwestern“ – sie sind nicht verwandt –, die aus ebendiesen Ländern kommen und sich zusammengetan haben, tun. Aber, Obacht: Es wird fast nur gesungen. Muss man vorher wissen.

Wolfgang Weitzdörfer

Bards and Beards, The Rocky Road To Giddy Gigs (Eigenverlag)

Fünf Männer, fünf Bärte – das kann kein Zufall sein. Die Irland-affinen Belgier beschränken sich aber nicht darauf, Dubliners-Material wie „Rock Road To Dublin“ akustisch nachzuspielen. Sie präsentieren auf ihrem Debüt mehrheitlich eigene, eingängige Songs im Pub-Folk-Stil. Das ist handwerklich gut gemacht, aber etwas brav. Ihre Stärke: der bis zu vierstimmige Gesang.

Almut Kückelhaus

Andrés Belmonte, Gharbi (Segell Microscopi)

Wer akustische arabische Musik für eine staubtrockene Angelegenheit hält, wird gleich im ersten, ohrenfällig humorvollen Track eines Besseren belehrt. Voller Spaß und Energie arbeitet sich der studierte valencianische Multibläser mit seinen illustren Gästen durch acht Tracks, darunter die dreisätzige „Suite Yemeni“. Mit dabei ist unter anderem Efrén Lopez (Oud, Buzuk, Gesang).

Ines Körver

The Bobby Tenderloine Universe, Satan Is A Woman (Country Moon Records)

Entweder der Mann ist Priester oder jemand, der die falschen Frauen getroffen hat. Jedenfalls versammelt der Kanadier hier eine Reihe Antiliebeslieder, etwa „I Will Unfollow You“. Schräge, oft in Zeitlupe laufende Countrymusik transportiert die Botschaft des Quartetts, gelegentlich psychedelisch gefärbt wie in „Marigold“. Aber nanu? Er singt im Duett mit einer Frau! Versteh einer die Männer.

Volker Dick

George Brown, Where I’m Coming From (Astana Records)

Brown war Gründungsmitglied und Keyboarder der legendären Siebziger-Soul-und-Disco-Funkband Kool & the Gang. Er verstarb bereits 2023, bevor sein hier vorliegendes musikalisches Vermächtnis erschien. Und dieses Vermächtnis ist eine Offenbarung: Nix Disco, dafür Soul, Funk und RnB wie frisch aus den Siebzigern. Groove, Timing, Feeling und Songwriting auf höchstem Niveau, dabei sehr persönlich und intim.

Achim Hennes

Andrew Calhoun, Different Now (Eigenverlag)

Vollgepackt mit zwanzig Songs ist Different Now von Andrew Calhoun, der ein Schüler von Pete Seeger sein könnte, so sehr ist dieses Album eines, das in Fünfzigerjahre-Protestsongs verwurzelt wirkt. Calhoun setzt auf die puren Lieder, es gibt nur seine Stimme und Gitarre, so können seine persönlichen Songs ihre intime Kraft wirken lassen.

Michael Freerix

Chicuelo & Marco Mezquida, Del Alma (SGAE/Galileo MC)

Begegnungen von Flamenco und Jazz geraten meistens sehr anspruchsvoll, hier dominiert das entspannte Zurücklehnen. Der menorquinische Jazzpianist Marco Mezquida und der barcelonische Flamencogitarrist Juan Gómez („Chicuelo“) kreieren zusammen mit Percussionist Paco de Mode sehr melodische Improvisationen, die manchmal gefällig sind und dann fast Easy Listening streifen.

Hans-Jürgen Lenhart

Julien Daian, Suppose It Is Butter (Antipodes Music Productions)

Im besten Wortsinn grenzenlos ist das neue Album des französischen Saxofonisten. Im Mittelpunkt steht klar das Saxofon, aber gleichzeitig wildert der Franzose in Jazz, Funk, Soul und Blues. Das erfordert eine Menge Offenheit und macht nicht immer Spaß. Wenn schon, dann aber ganz besonders.

Wolfgang Weitzdörfer

Das große Los, Der Weg ist noch weit (Eigenverlag)

Die Dortmunder Band hat eine EP veröffentlicht, die den Spagat zwischen Moderne, Indie, Folk und ein wenig Straßenrotzigkeit sehr gut hinbekommt. Immer wieder kommen einem die Beatles in den Sinn, die sich die Anzüge ausgezogen haben und damit auch die immer etwas elitäre Art und Weise. Wobei – bis zur Augenhöhe mit den Fab Four ist natürlich noch ein weiter Weg …

Wolfgang Weitzdörfer

Guy Davis, The Legend Of Sugarbelly (MC Records)

Ein traditionelles Bluesalbum, auf dem Guy Davis neben der sechs- und zwölfsaitigen Gitarre auch Banjo, Harp und Percussion spielt und gleichermaßen als Sänger beeindruckt. Begleitet von Kontrabass und gelegentlichem Backgroundgesang, umreißen die beiden Fremdkompositionen von Huddie Ledbetter und „Blind“ Lemon Jefferson die hier gebotene Stilistik, die im akustischen, ländlichen Blues beheimatet ist.

Achim Hennes

Deján, Of The Soul (Tourbo Music)

Dejàn lernten sich beim Studium am Berklee College of Music in Boston kennen. Zwei der Musikschaffenden haben einen kubanischen, die anderen einen aserbaidschanisch-ukrainischen, schweizerisch-argentinischen und japanischen Hintergrund. Entsprechend unterschiedlich sind die Einflüsse, wobei die kubanischen klar überwiegen. Nicht folkig, eher jazzig-poppig. Abwechslungsreiche Arrangements.

Ines Körver

Maria de Val, Mëda Medusa (Inselgruppe)

Die Tochter einer Südtiroler Bergbäuerin wuchs mit der ladinischen Sprache auf. Außer auf „Nia Tüa“ singt sie auf acht der zehn Songs ihres Debütalbums allerdings auf Englisch. „Bella Ciao“, nicht zu verwechseln mit dem Partisanenlied, ist eine Deutsch gesungene Eigenkomposition. Bekannt wurde die Multiinstrumentalistin als Mitglied von Ganes sowie durch Zusammenarbeiten mit Hubert von Goisern oder Max Prosa. Mëda Medusa jedoch ist reiner Elektropop mit Hitpotenzial.

Martin Steiner

Dowdelin, Tchenbé! (Underdog Records)

Karibische Klänge, Jazz, elektronische Musik und perkussiver Soul mit Texten auf Kreol, Französisch und Englisch – so klingt das dritte Album von Dowdelin. Tchenbé! ist ein Ausdruck aus dem karibischen Kreol und heißt so viel wie „Halte durch!“. Dass dies mühelos gelingt, liegt nicht nur an der kurzweiligen Popattitüde der Chansons, sondern auch an der Gesamtlänge des Tonträgers mit 27 Minuten.

Christoph Schumacher

Dumai Dunai, Somewhere Between Now And Never (Shevchenko Foundation)

Seit 2022 ist die siebenköpfige, in Kanada beheimatete Formation aktiv. Sie setzt sich aus aktuellen und ehemaligen Mitgliedern des Lemon Bucket Orchestra, Orkestar Kriminal, Boogat und Bad Uncle zusammen. In den zehn Stücken liefert sie mehrheitlich balkanesische Partymusik mit einer guten Prise Punk – hervorragende Bläsergruppe inklusive.

Ines Körver

Eliën, Roam (Pussy Empire Records)

Die Stimme dieser Sängerin schafft mystische Atmosphäre und intime Nähe. Auf einer Reise durch Europa schrieb die Niederländerin vierzehn Songs: über Einsamkeit, neue Begegnungen, Sehnsucht und Freiheit – Songs über das Leben. Sie finden eine eigene Nische zwischen experimentellem Indiepop mit Synthklängen und alternativem Folk mit zarten akustischen Instrumenten. Berührend!

Udo Hinz

Ensemble Vinorosso, Wellenreiter (Edition del Mondo)

Weltmusik im wahrsten Sinne des Wortes. Nicht nur stammen die studierten dreißig Ensemblemitglieder aus allen Ecken des Globus. Auf ihrem Album zum zwanzigjährigen Jubiläum präsentiert das Orchester einen famosen Ritt auf den Wellen der Musik aus den unterschiedlichsten Kulturen. Dabei setzt sich die Folklore in klassischem Gewand diesmal vor allem aus Kompositionen des in Höxter beheimateten Klarinettisten und Ensembleleiters Florian Stubenvoll zusammen.

Erik Prochnow

Esperanza Fernandez, Sevilla 40.0 (Air Music Group/Galileo MC)

Die große Stimme des Flamenco aus Sevilla feiert ihr vierzigjähriges Bühnenleben. Die Cantaora spannt einen weiten musikalischen Bogen und nimmt uns mit auf eine Reise durch ihren großen Erfahrungsschatz als eine der wichtigsten Künstlerinnen der zeitgenössischen Flamencoszene. Mit von der Partie sind unter anderem Pianist Dorantes und die Gitarristen Pepe Habichuela und Josemi Carmona.

Rolf Beydemüller

Flach/Østerby, Ude Af Mine Hænder (GO’ Danish Folk Music)

Henriette Flach (Schlüsselfiedel und Hardangerfiedel) und Anna Østerby (Akkordeon) aus Dänemark zaubern eine so feine, ziselierte Musik, dass man nur die Augen schließen und sich davontragen lassen möchte. Die Eigenkompositionen dürften, auch wenn sie typisch skandinavisch sind, auch Fans von Naragonia aus Belgien oder der Akkordeonale begeistern.

Michael A. Schmiedel

Fleur, Fille Sauvage (Soundflat)

Sixties-Beat, ein bisschen Indie und Yéyé-Sound aus den Niederlanden bietet Fleur auf ihrem dritten Album – und das in wunderbar lakonischem Französisch. Das Album, das mit seinem fuzzy Gitarrensound herrlich räudig daherkommt, hat den Kinks und auch den Troggs eine Menge zu verdanken. Songwriter Mark ten Hoor weiß aber auch selbst ganz genau, was er da macht.

Wolfgang Weitzdörfer

Flytifólk, Flytifólk (Tutl Records)

„Fliegendes Volk“ von den Färöern, was für ein schöner Name. Und was für schöne Musik. Das Herz des Quartetts schlägt für Klezmer und Musik vom Balkan, „bitter-sweet“ nennt das Presseinfo ihre Instrumentalstücke. Stimmt, sogar die Rumba klingt melancholisch und auf eine geheimnisvolle Weise ebenfalls wie vom Balkan. Wunderschöne Musik für bitterkalte Winterabende!

Gabriele Haefs

Gabria, Day Is Done (Record Jet)

Gabria nennt sich Bardin und bedient die Bereiche Folk und Fantasy. Texte und Musik schreibt sie meist selbst, aber auch Standards wie „Dat du min Leevsten büst“ gehören zum Repertoire. Es sind Balladen und Schlaflieder, die mit geschmackvollen Arrangements und in schönem Artwork präsentiert werden. Sie nennt es „gesungene Geschichten“, die mit Gitarre, Cello, Geige und Harfe auf ihrem zweiten Soloalbum zu hören sind.

Piet Pollack

Filippo Gambetta & Alessandro Scotto D’Aniello, Choropo (Visage Music)

Filippo Gambetta ist einer der innovativsten Organettospieler Italiens. Mit seinem diatonischen Akkordeon und dem Bandolim, der brasilianischen Mandoline, begibt er sich mit Alessandro Scotto D’Aniello (siebensaitige brasilianische Gitarre) auf eine Reise durch Lateinamerika. Der Albumtitel leitet sich aus dem brasilianischen Musikstil Choro und dem venezolanischen Joropo ab. Warm und gefühlvoll.

Martin Steiner

Gavin Fairhall Lever, Tearing Down Walls (Sleigh of Hand)

Das zweite Album der drei Herren aus London, analog aufgenommen in Sligo, ist ein bemerkenswerter Mix aus diversen Musikrichtungen von Folk aus Irland, Norfolk oder Cornwall über Jazz bis Balkan oder Flamenco. Fiddle, Gitarre, Kontrabass und Gesang treffen quasi live und teils improvisierend bei den vielschichtigen Eigenkompositionen immer den kraftvollen Punkt.

Mike Kamp

Rémi Geffroy, Carrefour Des Anges (CVE)

Der Akkordeonist Rémi Geffroy aus Toulouse hat sein sechstes Album vorgelegt. Es enthält ausschließlich selbst geschriebene Stücke, viele gute, eingängige und folktanzbare Kompositionen, nicht so verkopft wie das Vorgängerwerk Odysseus. Dabei spielt Geffroy auch diesmal in großer Besetzung: mit einem Gitarristen, einem Drummer und einem Streichquartett.

Christian Rath

Groundation, Dub Rock (Bacao Records)

Groundation arbeiten auf der Basis von Reggae in Richtung Jazz sowie komplexer Arrangements mit ungewöhnlichen Rhythmuswechseln und Klangideen wie dem Einsatz von Streichern. Die Dubversion ihres 2022 erschienenen Albums One Rock würdigt die Arrangements und virtuosen Instrumentalisten deutlicher als bei den originalen Tracks. Daher ist der Gesang von Sänger Harrison Stafford stark reduziert.

Hans-Jürgen Lenhart

Franziska Günther, Sobald die Sonne scheint (Eigenproduktion)

Das dritte Album der norddeutschen Liedermacherin, die heute in Berlin lebt, wurde mit einer Band eingespielt, zu der auch ihr Mann gehört, der isländische Musiker Siggi Björn. Elf frische Songs, die nicht zuletzt dem Alltag in Berlin geschuldet sind, die kritisch und dennoch getränkt mit Optimismus und einer gewissen inneren Gelassenheit sind, nach dem Motto: „Alles könnte viel schlimmer sein.“

Rainer Katlewski

Hentrenamientoh, Un Nuevo Sol (Sabor Discos)

Die in Chile verwurzelte Crew aus Katalonien kultiviert den einst famosen, totgeglaubten, irgendwie nicht totzukriegenden Barcelona-Mestizo-Mix aus Hip-Hop, Raggamuffin und Latin geradezu unbeirrt. Gäste sind auch Schlüsselfiguren jener Bewegung: Der wie diese „berufsjugendliche“ Manu Chao (im Track kaum hörbar), Sergent Garcia und andere. Alte wie potenziell neue Fans werden ihren Spaß und gute Partymugge haben

Katrin Wilke

Nyron Higor, Nyron Higor (Far Out Recordings)

Der brasilianische Multiinstrumentalist ist lyrisch und experimentell zugleich. Das Album vermittelt einen wohligen Klang mit einer Mischung aus akustischen Instrumenten, elektronischen Rhythmen, dezenten Keyboardsounds und sphärischen Frauenstimmen. Die skizzenhaften Tracks bieten romantische Folksongs mit dezenten elektronischen Zutaten. Damit deutet sich gerade eine neue Musikergeneration an.

Hans-Jürgen Lenhart

Robert Hill, King Of Folk (Eigenverlag)

Der Titel des schwedischen Folksängers ist natürlich eine Hausnummer, die man allerdings nicht so ganz ernst nehmen sollte. Natürlich, die Songs sind handwerklich sehr gut gemacht, eher der ruhigen Sparte zuzuordnen und machen durchaus Spaß. Und das ist doch auch genau das, was man von einem Album erwartet.

Wolfgang Weitzdörfer

Huub Dutch Duo, Life Is fine – Deine Liebe (Eigenverlag)

Das Huub Dutch Duo aus Heidelberg sorgt auf zwei thematisch eigenständigen CDs für gute Stimmung. Hubert Weijers alias Huub Dutch an der Trompete und Chris Oettinger am Klavier bilden das Duo, das verstärkt wird durch Christian Maurer an den Drums. Sie bringen mit Jazz, Soul und Blues ihre launigen Songs zu Gehör. Wird auf der ersten CD das Leben verhandelt, drehen sie sich auf der zweiten im Liebesreigen.

Rainer Katlewski

Jaune Toujours, Vertigo (Choux de Bruxelles)

Das Sextett aus Brüssel ist eine der wichtigsten belgischen Bands, auch jenseits der Folkszene. Vertigo ist das siebte Studioalbum der Gruppe um den Sänger und Akkordeonisten Piet Maris, wieder irgendwo zwischen politischem Chanson und Mestizo-Rock, mit viel Ska-Unterlage und funkigen Bläsern, melodisch, aber oft zu lakonisch. Herausragend sind die Tracks „Please Don’t Slam The Door“ und das Titelstück.

Christian Rath

Michael Johnathon, My Covers, Volume One – The Favorite Songs of Michael Johnathon (Poet Man Records)

Viele Jahre Gastgeber der Radioshow Woodsongs, legt der Musiker und Songschreiber nach 21 Alben mit eigenen Stücken diese Sammlung mit Coverversionen vor: Songs von Dylan, Lightfoot, Don McLean etwa. Tatsächlich schafft Johnathon es, ihnen seinen eigenen Touch zu geben, etwa bei „Satisfaction“ der Stones oder dem Nazareth-Klassiker „Love Hurts“. So wird selbst Altbekanntes wieder interessant.

Volker Dick

Julikapelle, Phase Blau (Eigenverlag)

Achim Sauer alias Julikapelle ist verantwortlich für die einfallsreichen, poetischen und wortgewandten Texte über die Ungereimtheiten der Phase Blau des Lebens. Offenbar mag er altes Equipment, denn er nutzte neben akustischer Gitarre und Bass ein einhundertjähriges Piano, ein Harmonium, eine Hammondorgel und eine Hohner-Begleit-Rhythmus-Maschine für die Heimorgel vom Flohmarkt, alte Drumcomputer und einige analoge Groovegeräte. Die acht Stücke ähneln sich und erinnern an den Sound von 16 Horsepower oder den verstorbenen Nils Koppruch und dessen Gruppe Fink – der Kapellmeister hat mit diesem einst zusammengearbeitet.

Imke Staats

Salif Keita, So Kono (No Førmat!)

Auf dem ersten Solo-Akustikalbum des malischen Sängers mit der kraftvollen, unverwechselbaren Stimme unterstützen ihn langjährige musikalische Weggefährten. Doch es ist Keita selbst, der mit seiner minimalistisch gezupften Gitarre das harmonische und rhythmische Fundament aller neun Lieder prägt. Das Titelstück „So Kono“ („Im Raum“) bezieht sich auf die authentische Einfachheit der Aufnahme. Ein magisches, zeitloses Album.

Christoph Schumacher

Guy Klucevesek & Volker Goetze, Little Big Top (Motéma Music)

Zwei Ausnahmemusiker, die sich zu einem exzellenten Projekt zusammengetan haben. Der Amerikaner Klucevsek, seit nunmehr fünfzig Jahren einer der angesehensten Akkordeonisten der Welt, und der preisgekrönte deutsche Jazztrompeter legen ein Instrumentalalbum voller kreativer Einfälle und Überraschungen vor. Gemeinsam mit dem Klarinettisten Doug Wieselman sowie Jeff Hudgins am Altsaxofon verwandeln sie vierzehn Kucevsek-Kompositionen aus zwei Jahrzehnten in eine musikalischen Reisezirkus, der von Äthiopien über Osteuropa und Deutschland bis in die USA führt. Nicht nur etwas für Jazzliebhaber.

Erik Prochnow

The Kogs, Hit The Highway (Timezone Records)

Sie greifen abgestimmt ineinander wie die Zähne eines Zahnrads (cogs): die Stimme von Andy Baustein und die Gitarre von John Orrock. Beide haben Power. Die gestandenen Musiker legen hier ihren Erstling mit neun eigenen Songs als „Acoustic Folk Rock“ vor. Emotional und persönlich geht es zurück in die große Zeit der Straßensänger. Dieses Album macht Lust darauf, das Duo einmal live zu erleben.

Almut Kückelhaus

Jaakko Laitinen & Väärä Raha, Äyskaäri (Playground Music)

Falschgeld? Ja, das heißt väärä raha auf Deutsch. Hier ist es der Name einer Band aus Rovaniemi in Finnisch-Lappland um den Sänger Jaakko Laitinen, der mit vier Mitmusikern auf Trompete, Bouzouki, Akkordeon, Kontrabass und Schlagzeug eine samisch-balkanische Musik abliefert, die die Entfernung zwischen den Ländern und Musikkulturen schmelzen lässt.

Michael A. Schmiedel

Les Mécanos, Usures (L’Éclectique Maison d’Artistes)

Die zehnköpfige A-cappella-Gruppe besteht seit drei Jahren und hat mit Usures ihr Debütalbum aufgenommen. „Die Mechaniker“ verstehen sich als die Stimme der Arbeiterklasse von Saint-Étienne. Sie singen auf Französisch und Nordokzitanisch, ihre Kompositionen schreiben sie selbst. Außer Percussion sind keine anderen Instrumente zu hören. Ein musikalisch sehr beeindruckendes Debüt.

Christian Rath

Lucibela, Moda Antiga (Lusafrica)

Eine betörende Sängerin von den Kapverden mit einschmeichelnden Melodien zum Mitsummen. Diese Musik ähnelt dem Samba, ist aber selbst bei den tanzbaren Titeln wesentlich sanfter. Akkordeon, Cavaquinho, Gitarre, Saxofon und Percussion untermalen die relaxten Mornas und Coladeiras und laden zum geschmeidigen Tanzen ein. Einzig etwas mehr instrumentale Soli hätten für mehr Abwechslung gesorgt.

Hans-Jürgen Lenhart

Mäkkelä, Skoda Blue and The Black Legged Jesus (9PM Records)

Der Singer/Songwriter vertont seine Erlebnisse aus der Parallelwelt des Tourlebens an der Gitarre und in einem lässigen, gern etwas düsteren und oft irisch anmutenden Folksound. Die Singsprache des Deutschfinnen ist Englisch. Begleiter sind auf seinem vierten Album das französische Duo Boucan, bestehend aus Mathias Imbert und Brunoï Zarn an Banjo und Gitarre, der tschechische Geiger Pavel Cingl, Rob Stefan an den Tasten und Michael Kargel von Smokestrack Lightnin’ am Schlagzeug. Dass einige Songs live bei Konzerten eingespielt wurden, gibt dem Ganzen viel lebendige Leichtigkeit.

Imke Staats

Marvel at Elephants, When The Animals (Eigenverlag)

Schön abgehangen wirkt diese Band aus Lüneburg, aber auch sehr amerikanisch und roh. Das sauber Gespielte liegt ihnen nicht, das Album klingt wie eine ordentlich aufgenommene Probe, also wie live. Der Charme speist sich aus der Unverfälschtheit, mit der sie sich präsentieren, als wären sie irgendeine authentische Band aus dem ländlichen Omaha. Mit Songs zum Mitsingen.

Michael Freerix

Scott Matthew, A Small Conduit Of Great Affairs (Glitterhouse)

Durch seinen hoch emotionalen Gesang ist Scott Matthew international erfolgreich geworden. Der gebürtige Australier, der gern zur Ukulele greift, bewegt sich zwischen Pop und Songwriterfolk. Zum zweiten Mal legt er nun ein Album mit Coversongs vor. Die Texte der Titel von Bob Dylan bis Kylie Minogue klingen bei ihm, als sei jedes Wort so gemeint. Selten war Melancholie so herzergreifend.

Almut Kückelhaus

Kate McDonnell, Trapeze (Dog Eared Discs)

Etablierte Songwriterin von der Ostküste. Gutmütiger Folk alter Schule, der gefällig vor sich hinplätschert. Gesang und Texte übernehmen sich aber manchmal etwas und wollen einfach zu viel. Weniger Pathos wäre da gut gewesen.

Martin Wimmer

Stephan Micus, To The Rising Moon (ECM)

Das kreative Reservoir dieses Mannes ist einfach unerschöpflich. Auch auf seinem 26. Album präsentiert Micus wieder Instrumente, die noch nie in einer Komposition zusammengeführt wurden. Allein acht sind es diesmal, die der Klangvirtuose alle selbst spielt. Im Mittelpunkt seiner Kreationen stehen dabei das Nationalinstrument Kolumbiens, die zwölfsaitige Tiple, die südasiatische Dilruba und die uigurische Sattar. Besonders unter die Haut geht dabei das Stück „In Your Eyes“, in dem Micus mit improvisiertem Silbengesang die ergreifende Atmosphäre eines poetischen Liebesliedes erschafft. Ein weiteres hervorragendes Werk des Weltmusikers, der erneut durch ungewohnte Spielweisen traditionellen Instrumenten ganz neue Klänge entlockt.

Erik Prochnow

Alexander Moeckl, Desert/Ich Me Io/Meatus (Eigenverlag)

Gitarrist Alexander Moeckl steht tief in der Tradition der „american primitive guitar“ eines John Fahey, Robbie Basho oder Leo Kottke. Das aktuelle Album Desert beschwört einen Wüstentrip herauf: eine Person, einsam und verloren, existenziellen Erfahrungen ausgesetzt, bisweilen dem Tode nahe. Die Übersetzung in gitarristische Atmosphären gelingt dem Augsburger Musiker aufs Feinste. Als Zugabe gibt es auf CD zwei die Vorgängeralben.

Rolf Beydemüller

Molden, Resetarits, Soyka, Wirth, Live Im Stadtsaal (Medienmanufaktur)

Das legendäre Quartett um den Wiener Liedermacher Ernst Molden und seine mitsingenden Kollegen an Saiteninstrumenten und Knopfakkordeon traten am 25. Juli 2020 im Wiener Stadtsaal live auf. Jeder zweite Platz blieb frei, der Rest des Publikums trug Maske. Ein Best-of- Doppelalbum, angereichert mit neuen Liedern – ungeschminkt, frei und voller Energie.

Martin Steiner

Christy Moore, A Terrible Beauty (Claddagh Records)

Ein bisschen ehrfürchtig wird man schon, wenn man sich das neue Album des Iren anhört. Denn es wird einem bewusst, dass Moore eben schon heftig an der achtzig kratzt, 1969 sein erstes Soloalbum veröffentlicht und seitdem zahllose Songs geschrieben und Tonträger aufgenommen hat. Dementsprechend sollte man nicht die Neuerfindung des Irish Folk erwarten. Dafür aber ein tolles Alterswerk, auf dem er beweist, dass er immer noch etwas zu sagen hat – zu Krieg, Nahostkonflikt, sozialen Missständen oder Hass in den sozialen Medien.

Wolfgang Weitzdörfer

Michael Moravek, Night Songs (Backseat/The Orchard)

Der Ravensburger bleibt seinem feinen Folkrock im getragenen Tempo in der Art von The Church, The House of Love oder den Waterboys treu. Thematisch geht es diesmal um die Nacht, das Schlafen, den Morgen und die existenziellen Gedanken zu Glauben und Liebe, die einem da so durch den Kopf gehen. Träumerische Musik für wache Ohren.

Martin Wimmer

O Castelo, O Castelo (Lusitanian)

Das portugiesische Trio nahm 2006 zusammen mit verschiedenen Gästen sein Debüt auf. Veröffentlicht wurde es nie. Nun haben sich die Gitarristen José Sousa, Pedro Oliveira und der Bassist Luís Aires entschlossen, das Werk neu abzumischen und zu veröffentlichen. Das Resultat: meist getragener, melancholischer Poprock mit starken Progrockeinflüssen.

Martin Steiner

Wyn Oran, An Angel, A Crowd (Mysteries Of The Orb Records)

Der Schotte Wyn Oran ist ein moderner Balladeer, der eigene Songs schreibt, die sich allerdings wie traditionelles Liedgut anhören. Sparsam ist die Instrumentation dieser Lieder, über allem thront die Stimme Orans, die eine starke Anziehungskraft ausübt. Das Album hat etwas seltsam Zeitloses, es könnte aus den Fünfzigerjahren stammen, inhaltlich und formal.

Michael Freerix

Simon Oslender, Steve Gadd & Will Lee, All That Matters (Leopard)

Rein instrumental kommt das Album All That Matters von Simon Oslender und seinen hochkarätigen musikalischen Gästen aus den Boxen. Und was soll man sagen – die Mixtur aus filigranem Jazz, jeder Menge Soul und Blues, die vom Hammond- und Fender-Rhodes-Spiel des Meisters lebt, macht richtig Spaß. Ein Album für ruhige Stunden mit einem guten Rotwein.

Wolfgang Weitzdörfer

Nana Pastorello, Nanaum (Eigenverlag)

Zurücklehnen nach einem anstrengenden Tag? Da ist das Album der deutsch-brasilianischen Sängerin genau richtig. Man hört zumeist dezente Balladen mit jazzigen Arrangements. Höhepunkt ist der Song „Estrada Do Sol“, in dem man über eine verlorene Klaviermelodie durch Muschelrasseln die Sonnenstrahlen regelrecht spüren kann. Pastorello singt im Weiteren die schmeichlerische Melodie unisono zum Klavier.

Hans-Jürgen Lenhart

Jim Patton & Sherry Brokus, Harbortowne (Berkalin Records)

Fröhlicher Countryfolk des produktiven Duos aus Texas. Ihr bestes Album bisher, aber schon sehr althergebracht. Dank Topbesetzung (Rich Brotherton, Warren Hood) solide instrumentiert, nette Geschichten, das Flair bleibt jedoch – kann ja auch mal gemütlich sein – eines von Kaffee und Kuchen im Seniorenheim.

Martin Wimmer

Paulson/Bengtsson, Chimär (Eigenverlag)

Die Musik des Kontrabassisten Fredrik Bengtsson aus Südschweden und der Schlüsselfiedlerin Josefina Paulson aus Västmanland klingt schwedisch, gewürzt mit Barock und Jazz. Man lasse auch nach Übersetzung der schwedischen Infos die Fantasie spielen, zum Beispiel über eine italienische Familie die im LKW Liebe und Sonnenschein mitbringt.

Michael A. Schmiedel

Jerron Paxton, Things Done Changed (Smithsonian Folkways)

Als wäre die Zeit stehen geblieben, so klingt es, wenn Jerron Paxton Banjo oder akustische (Slide-)Gitarre spielt und sich dabei mit Gesang oder Mundharmonika begleitet. Aufgewachsen in Los Angeles, hatte er seit früher Kindheit immer den Klang des ländlichen Südens der USA im Ohr. So verbindet er in seinen Erfahrungen, Gedanken und den Texten seiner Songs traditionelle Spielweise mit moderner Urbanität.

Achim Hennes

Peixe Limão, Salta (Muziekpublique)

Die Italienerin Flavia Clementi (voc, Shrutibox, perc) und ihr Landsmann Federico Bragetti (Cello, voc, perc) leben seit vielen Jahren in Belgien. Zusammen mit dem Belgier Thomas Van Bogaert (git, voc, perc) gründeten sie das Trio Peixe Limão (Portugiesisch für „Fisch und Zitrone“). Ihre lockeren, fast schwerelos in mehreren Sprachen vorgetragenen Lieder reichen von Bossa Nova bis zu französischem Chanson.

Martin Steiner

Chuck Prophet with ¿Quiensave?, Wake The Dead (Yep Roc Records)

Der alte Haudegen (Green On Red) überrascht mit einem rhythmisch abwechslungsreichen Album, das seine oft gesellschaftskritischen Americana-Songs um eine gehörige Portion Energie ergänzt. Lebensfroh eingespielt mit einer mexikanisch-kalifornischen Cumbiaband entstand so ein grandioses Spätwerk.

Martin Wimmer

Jan Rohrweg, Am Sand (Eierlikör Records)

Das Debütalbum des Wiener Musikers und Liedermachers überzeugt durch einen ganz eigenen Stil, sehr spezielle, lyrische Texte, die sich über Jahre angesammelt haben, und eine zum Teil recht außergewöhnliche musikalische Umsetzung mit einer Gitalele. Mit klarer, eindringlicher Stimme werden von dem jungen Vater kritische Fragen gestellt über und an das Leben, nachdenklich, aber nicht ohne Zuversicht.

Rainer Katlewski

Roosmarijn, Wide Open Space (Backseat)

Ein neues Gesicht in der Singer/Songwriter-Szene aus dem niederländischen Arnheim. Die 29-jährige Violaspielerin und Sängerin bewegt sich auf ihrem Debüt zwischen Pop, elektronischen Klängen, Akustikfolk und Jazzelementen. Intime Balladen wechseln sich ab mit treibenden Beats, getragen von der geheimnisvollen und einfühlsamen Stimme Roosmarijn Tuenters. Dem Titel gemäß hat die Musikerin mit ihrem hörenswerten Album eine Tür zu einem weiten Raum aufgestoßen, in dem mit Sicherheit viele weitere kreative Songs zu entdecken sein werden. Durchaus mit Hitpotenzial.

Erik Prochnow

The Routes, Surfin’ Pleasures (Topsy Turvy Records)

Tief in die Musik Joy Divisons taucht das Trio aus Schottland und Japan ein. Und vermischt die Musik der Post-Punk-Ästheten mit einer Surfwelt-Attitüde, die sich gewaschen hat. Man muss stiloffen sein, dann kann man sicherlich etwas mit dieser schrägen Melange anfangen.

Wolfgang Weitzdörfer

Royal Street Orchestra, Metamorphose (Royal Street Records)

Seit mehr als fünfzehn Jahren begeistert das zehnköpfige Ensemble mit Interpretationen traditioneller Stücke des Balkanraumes und Eigenkompositionen. Auf seinem dritten Album spielt es mit der Kammerphilharmonie Wuppertal. Das Ergebnis ist ein gewaltiges Werk, das einen musikalischen Film erzeugt, der vom Balkan über die Seidenstraße bis nach Hollywood führt. Auf dieser Reise geht nach dem Krieg die Sonne über Sarajewo auf, begegnet türkische Musik westlichem Pop, nimm ein Albaner einen osmanischen Pascha an die Hand und geleitet ihn durch einen Sturm im malaysischen Ko Lanta. Ein Weltmusikalbum voller Emotionen und Atmosphäre.

Erik Prochnow

Ilja Ruf Trio, Halftime Show (GP Arts)

Der 24-jährige, mehrfach ausgezeichnete Pianist, Klarinettist, Sänger und Komponist ist ein vielseitiges Talent und bewegt sich spielerisch zwischen den Stilen. Auch auf dem Debüt seines neuen Trios begeistert Ilja Ruf mit neun mitreißenden Kompositionen, die federleicht die Grenzen zwischen Songwriting, Jazz und Klassik auflösen. Hier gibt es kein Denken in Genres, das Trio präsentiert, mal instrumental, mal mit Rufs ausdruckstarker Stimme, eigene Musik auf höchstem Niveau. Absolut hörenswert!

Erik Prochnow

Salamakannel, IV (Nordic Notes)

Ja, es wird auch ab und zu gesungen auf IV, dem neuen Album der finnischen Pelimanni-Musiker von Salamakannel. Aber es stehen ganz klar die verschiedenen Saiteninstrumente im Mittelpunkt des rund 50-minütigen Werks. Besonders sind dabei die Nyckelharpa von Arto Järvelä und die Kanteles von Hannu Saha. Ein beschauliches Werk.

Wolfgang Weitzdörfer

Amparo Sánchez, Ritual Sonoro (Mamita Records/Galileo MC)

Die andalusische Singer/Songwriterin und Gitarristin galt einst als „die kleine Schwester von Manu Chao“, hatte ihren berühmten Kumpel damals musikalisch jedoch bald eingeholt. Bei der im Trio entstandenen Aufnahme klingt alles allzu vertraut, gar ritualisiert. Doch wohl nicht deshalb ist „Klangritual“ der Name ihres fünften Studioalbums, auf dem ihre markante Stimme wie ein gereifter, alter Wein anmutet.

Katrin Wilke

Schnieke, Hediye (Asphalt Tango Records)

Hinter Schnieke steckt der in Istanbul geborene Özgür Akgül, der bei diesem ersten eigenen Studioalbum die Geigen-, Keyboard- und Elektronikspuren eingespielt hat. Unterstützung erhält er von den Istanbul Strings sowie von acht weiteren Gastmusikschaffenden, unter anderem an der Kirchenorgel und der Posaune. Die Tracks sind stark von Dub und Electro geprägt, sehr atmosphärisch und tendenziell chillig-düster.

Ines Körver

João Selva, Onda (Underdog Records)

Leichtfüßig-fröhlicher Brasilpop aus Frankreich. Selva wirkt etwas wie Gilberto Gil in seiner Hochphase Ende der Siebziger, nicht ganz so energetisch, dafür sanfter. Tendenziell ist Selvas Musik auch funkig, doch der Sound wirkt manchmal etwas dünn, da oft die Bläser fehlen oder der Bass zurückgemixt klingt. Doch wenn Selva fetzig wird wie im Discotitel „Amor Em Copacabana“, überzeugt er.

Hans-Jürgen Lenhart

Sere Serpe, Elvân (Eigenverlag)

Sere Serpe ist ein in der Schweiz beheimatetes Trio bestehend aus der hervorragenden türkisch-englischen Sängerin Gizem Şimşek sowie Christian Moser (Oud, Cümbüş, Elektronik) und Lucio Marelli (Schlagzeug, Percussion). Gemeinsam schweben die drei vornehmlich durch die Volksmusik diverser türkischer Regionen, die sie gekonnt mit etwas Jazz und Elektronik würzen. Fantasievoll.

Ines Körver

Silja, Tradtuur (Prosodia)

Überschäumende Spielfreude gepaart mit Virtuosität und geschmackssicherer Repertoireauswahl lassen die „Tradfusion“ auf Sackpfeifen, Nyckelharpa (Kristina Künzel), Violine (Mark Kovnatsky) sowie Cister, Gitarre und Bass (Ben Aschenbach) zu einem Hörerlebnis werden. Deutsche traditionelle Musik mischt sich mit jazzigen und jiddischen Einflüssen. Mitreißend und virtuos gespielt. Absolute Empfehlung!

Ulrich Joosten

Sul, Sul (Jacc Records)

Sul, „Süden“. Drei Buchstaben, drei Musiker. Der Pianist Luis Figueiredo und der Kontrabassist Bernardo Moreira haben mit unzähligen Jazzmusikschaffenden aus den USA und Portugal zusammengearbeitet. Bernardo Couto begleitete die Crème de la Crème der Fadosängerinnen auf seiner portugiesischen Gitarre. Mit Sul ist dem portugiesischen Trio ein zeitloses, facettenreiches Werk zwischen Jazz und Fado gelungen.

Martin Steiner

Sylfide, Blåt Lys (Nordic Notes)

Die dänische Sängerin und Harfenistin Helene Dorthea Tungelund alias Sylfide erzählt von der Entdeckung ihrer musikkulturellen Wurzeln im traditionellen dänischen Tanz, der sie mit Unterstützung dreier Musiker auf E-Bass, Gitarre, Piano, Synthesizer, Orgel und stampfenden Füßen verbunden mit Singer/Songwriting und Ambient Music Ausdruck verleiht.

Michael A. Schmiedel

Simin Tander, The Wind (Jazzland Recordings)

Die in Köln geborene Sängerin und Tochter eines Afghanen hat mit ihrem ECM-Album mit dem Pianisten Tord Gustavsen 2016 den Preis der deutschen Schallplattenkritik eingeheimst. Nun arbeitet sie mit dem schwedischen Bassisten Björn Meyer, dem schweizerischen Schlagzeuger Samuel Rohrer und der indischstämmigen und in Norwegen lebenden Geigerin Harpreet Bansal zusammen. Sehr berührend.

Ines Körver

Lilit Tonoyan, Krunk: Armenian Secular Music (Kaleidos)

Die aus Armenien stammende Geigerin hat sich nach der Sakralmusik nun wieder der Volksmusik zugewandt. Sie greift insbesondere auf von Komitas notierte Melodien zurück. Bei den 23 Stücken (fast 70 Minuten!) unterstützen sie Davit Melkonyan am Cello, André Meissner am Duduk und Giuseppe Mautone an der Percussion. Anmutig.

Ines Körver

Aboubakar Traoré & Balima, Sababu (Zephyrus Records)

Fest verwurzelt in der Kultur Burkina Fasos und stets respektvoll gegenüber den alten Griottraditionen kreiert die multinationale Band um den Sänger und Meister der Kamélé Ngoni ein Album voller Hoffnung, Stolz und Optimismus. Auch wenn in den kraftvollen Texten alltägliche Probleme thematisiert werden, laden die eindringlichen Rhythmen des in Belgien produzierten Albums unbedingt zur Bewegung ein.

Christoph Schumacher

Theo Travis, Aeolus: One Hour Duduk Meditation (Panegyric)

Eine Stunde Klangmassage für Körper und Geist. Der britische Saxofonist und Flötist hat mit dem wohl am traurigsten klingenden Instrument der Welt, dem Duduk, sowie der Altflöte bereits zum zweiten Mal einen beeindruckenden Klangraum erschaffen, der von Soundsphären unterlegt ist. Ein ideales Album zur Meditation, zum Stressabbau oder einfach zum Träumen.

Erik Prochnow

Marcus Trummer, From The Start (Gypsy Soul Records)

Der erst 23-jährige Kanadier veröffentlicht mit From The Start ein bemerkenswertes Debüt. Tief im Soul der Sechziger und Siebziger verankert, angereichert mit etwas Blues und Rock im Gitarrenspiel sowie gesegnet mit einer warmen, ausdrucksstarken Stimme, ist ihm hier ein zeitloses Soul/Blues-Album gelungen. Orgel, Bläsersatz und Begleitgesang setzen dazu einen geschmackvollen, stets pointierten Rahmen.

Achim Hennes

Ninon Valder, En Mi Corazón (Flying Penguins)

In dieser Sammlung von Tango- und Folkloreklassikern sowie Eigenkompositionen wird gut hörbar, wie stark die französische Bandoneoniston, Flötistin und Singer/Songwriterin von der Musik Argentiniens sozialisiert wurde. Sie lernte und spielte mit Meistern wie Dino Saluzzi und Juan José Mosalini. Zu ihrem auch jazzwärts geneigten, feinen Quartett gesellt sich in einem Track der Akkordeonmeister Raúl Barboza.

Katrin Wilke

Nenad Vasilić, Solo Live (Eigenverlag/Galileo MC)

Der 1975 geborene serbienstämmige österreichische Kontrabassist legt ein weiteres Soloalbum mit acht Eigenkompositionen für Bass als Melodieinstrument vor. Aufgenommen wurde es 2015 bei einem Konzert in der Synagoge von Niš in Serbien. Gekonnt oszilliert Vasilić, der seit 2020 an der Universität der Künste in Berlin unterrichtet, zwischen Folklore und Jazz.

Ines Körver

Götz Widmann, Blütenduft (Ahuga!)

Ob Götz Widmann wohl jemals erwachsen werden wird? Hoffentlich nicht, denn dann würden der Menschheit so grandiose Songtitel wie „Verkacken mit Verstand“ und Alben wie das neue entgehen. Zehnmal die Mischung aus Liedermacher, Punkrock und Charles-Bukowski-Säuferlyrik. Großartig!

Wolfgang Weitzdörfer

Noah Zacharin, Points Of Light (Sonicpeach)

Superlässiger Americana in der texanischen Schule eines Jerry Jeff Walker, Lyle Lovett oder Guy Clark, dem auch ein Song gewidmet ist. Umgesetzt mit exzellenten Musikschaffenden wie Marc Ribot. Neben beschwingt-jazzigen auch einfach wunderschöne Passagen. Neuntes, exzellentes Album des Kanadiers, das zudem durch literarisch-lyrische Texte besticht.

Martin Wimmer

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